8März                                                                     

Heute ist der 8. März, der Tag des Internationalen Frauentags, der ursprünglich Internationaler Tag der arbeitenden Frauen hieß und jedes Jahr am 8. März zelebriert wird. In verschiedenen Regionen reicht der Schwerpunkt der Feierlichkeiten von einer allgemeinen Feier des Respekts, der Wertschätzung und der Liebe gegenüber Frauen bis hin zu einer Feier für die wirtschaftliche, politische und soziale Stellung der Frauen.

Diskriminierung von Frauen gibt es leider immer noch in jeder Gesellschaft, sie hat verschiedene Gesichter und Ebenen, die feministische Bewegung kämpft gegen jede Ungerechtigkeit und für gleiche Rechte. Das heißt, wir kämpfen für gleiche Rechte und Macht für alle, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Fähigkeiten oder Behinderungen.

Wir kämpfen hier in Deutschland immer noch für gleiche Berufschancen und gleiches Einkommen für gleiche Arbeit für alle. Das bedeutet, dass wir selbst in fortschrittlichen Gesellschaften noch am Anfang des Weges stehen.

Aber heute stehe ich hier als iranische Frau, die 43 Jahre ihres Lebens als Bürgerin zweiter Klasse unter der Herrschaft einer Regierung verbracht hat, die ich nur als faschistisch bezeichnen kann.

Als iranische Frau erlebte ich Gewalt in der Schule, bei der Arbeit, auf der Straße und in meiner Familie. Nie konnte ich meine Kleidung frei wählen, meine Meinung sagen, über meine Heirat oder Trennung entscheiden oder sogar alleine reisen. Frauen müssen die Erlaubnis ihrer Ehemänner und Väter einholen, bevor sie ins Ausland reisen dürfen.

Ich war mir nie sicher, ob ich in der Öffentlichkeit genügend den Kleidungsvorschriften nachkomme oder der Gefahr ausgesetzt war, verhaftet zu werden oder wie Jina Mahsa Amini getötet werden würde. Aber wenigstens wusste ich immer, dass mein Vater oder mein Bruder nicht versuchen würden, mich deswegen umzubringen wie Mona Heidari, Romina Ashrafi oder andere Opfer von Ehrenmorden, die von ihren Vätern oder Ehemännern getötet wurden.

Ja, ich komme aus einer gebildeten Familie in der Hauptstadt Teheran. Ich kann mein Leben niemals mit dem eines anderen Mädchens vergleichen, dass in einer kleinen Stadt geboren wurde. Oder die afghanischen Einwanderinnen, die in der Hoffnung auf Sicherheit im Iran Zuflucht gesucht haben, aber die faschistische Regierung des Irans über Jahre  ihnen alle ihre Menschenrechte verwerte. Ich würde über meine Schwestern in Belutschistan, denen ein Minimum an Einrichtungen wie sauberes Wasser, medizinische Versorgung oder sogar Ausweispapiere vorenthalten werden erzählen. Oder über kurdische Frauen sprechen, die als Kurdinnen noch mehr unter Druck stehen. Weil die zentralistische Regierung den ethnischen Gruppen ihre Grundrechte vorenthält, z. B. das Recht auf Bildung in ihrer Muttersprache. Oder ich kann über die Diskriminierung von TransFrauen sagen, dass sie trotz Zwangsoperationen und Hormontherapien immer noch nicht als Frauen in der Gesellschaft akzeptiert werden und das Gesetz sie nicht schützt.  Noch schrecklicher ist die Situation von lesbischen Mädchen und Schwulen Jungen die aufgrund ihrer sexuelle Orientierung dazu verurteilt sind, ihr Geschlecht zu wechseln.

Frauen im Iran sind täglich mit Diskriminierung konfrontiert. Es gibt viele Frauen in meinem Land, die ihr ganzes Leben lang mit ihren Familien, mit der Gesellschaft und mit der Regierung und ihrer brutalen Sittenpolizei ums Überleben kämpfen. Ich möchte über die Geschichte unserer Schwestern im Afghanistan, über die Frauen sprechen, denen jegliche Selbstbestimmung entzogen ist. In Afghanistan haben die Talibans den Mädchen verboten, zur Schule zu gehen, und im Iran sind die Mädchen in den Schulen derzeit massiven biologischen Angriffen und Vergiftungen ausgesetzt. Warum passieren solche unfassbar grausamen Sachen? Es gibt archaische und religiöse Strukturen, welche dazu dienen, die Frauen zu kontrollieren. Kleidungsvorschriften sollen ganz klar als Symbol in der Öffentlichkeit die Kontrolle über Frauen zeigen und damit auch die definierten  sozialen Rollen darstellen. Frauen im Iran können Schule und Universitäten besuchen, dass bedeutet aber in keinster Weise, dass sie nicht massiv angehalten sind, die Regeln der islamistischen Staat folge zu leisten. Sie wollen verhindern, dass eine weitere Anwältinnen wie Nasreen Sotoudeh oder die nächste Frauen Aktivistin wie Narges Mohammadi auftaucht, mutige Frauen, die auch im Gefängnis nicht aufhören zu kämpfen.

Der Machtapparat will den Grad der Freiheit absolut kontrollieren. Selbständige , starke Frauen sind stets eine Gefahr für sie, und mit willkürlichen Verhaftungen basierend auf einem Unrechtsstaat wollen sie uns unsere sozialen Rollen vorschreiben und uns hinter den Vorhängen der Küchen halten. 

Dank des jahrelangen Kampfes der Frauen in Europa bin ich in der Lage, heute hier zu stehen und über den Schmerz, den Druck, die Wut, den Kampf und die Betäubung meiner Schwestern zu sprechen. Das letzte Mal, dass eine Frau die Möglichkeit hatte, in der Öffentlichkeit über die Rechte der Frauen im Iran zu sprechen, war vor 44 Jahren. Am 8. März 1979 wurden diese zivile und friedlichen Proteste mit Gewalt, Unterdrückung und ungerechten Gerichten und Bestrafungen beantwortet. Seitdem haben iranische Frauen immer für ihre Rechte gekämpft, indem sie grundlegende Vorgaben des Regimes missachteten, indem sie den Hijab nicht trugen oder versuchten, ihre Missbilligung durch das Tragen spezieller Farben oder Formen von Tüchern zu zeigen, bis hin zur Selbstverbrennung vor staatlichen Einrichtungen, In den letzten 6 Monaten gab es massive Proteste, bei denen die Frauen in der ersten Reihe standen. Diese Bewegung wurde “Frauenrevolution” genannt und stand unter dem Motto “Frau- leben – Freiheit”. 

Heute kämpfen wir nicht nur für unser Recht, sondern wir glauben, dass unser Kampf die Zukunft vieler Frauen auf der ganzen Welt verändern wird, wir werden jede hoffnungslose Frau inspirieren. Dies ist ein historischer Moment und die Iranerinnen schreiben ein Stück feministische Weltgeschichte! Es ist das erste Mal in der Geschichte der Menschheit, dass Frauen einen Aufstand anführen, insbesondere in einer Region wie dem Nahen Osten. Es ist eine feministische Revolution, die von vielen Teilen der Gesellschaft unterstützt wird.

wir glauben, dass wir durch unsere Schwesternschaft eine bessere Welt für die kommenden Generationen schaffen können, und zwar nicht nur für die Frauen, sondern auch für die Menschheit, denn Freiheit für Frauen bedeutet Freiheit für die Menschen.  Frau – Leben – Freiheit